EU Parlament beschließt unzureichendes akustisches Warnsystem für Elektrofahrzeuge Sind Blinde und Sehbehinderte EU Bürger zweiter Klasse?

Das EU Parlament hat am 02.04.2014 eine europaweite  Verordnung zur Lärmreduktion von Kraftfahrzeugen beschlossen. Auf Betreiben der europäischen Blindenorganisationen wurde zwar die Einführung eines AVAS (akustisches Warnsignal) für Elektrofahrzeuge hineingenommen, aber die konkreten Gesetzesvorgaben sind alles andere als ein Grund zum Jubeln:

1. Der Einbau des AVAS wird erst ab 01.07.2021 und auch dann nur für neu zugelassene Elektrofahrzeuge verpflichtend sein. Es ist keine Nachrüstung für die Fahrzeuge vorgesehen, die dann bereits lautlos im Verkehr unterwegs sind!

Mit öffentlichen Geldern wird aber schon jetzt laufend der verstärkte Einsatz von Elektrofahrzeugen forciert. Allein das Projekt „E-Mobilität für alle“ wird von BMVIT und Klimafonds mit €6.000.000 gefördert und uns demnächst lautlose E-Taxis und E-Carsharing in Wien, Klagenfurt und Graz bescheren!

2. Das AVAS (akustisches Warnsystem) wird zwingend einen vom Fahrer leicht erreichbaren Abschalter haben, mit dem er es jederzeit deaktivieren kann!
Das bedeutet null Sicherheit für blinde und sehbehinderte Verkehrsteilnehmer!
Wir blinden Menschen werden uns weiterhin nicht darauf verlassen können Elektrofahrzeuge hören zu können und keine Möglichkeit haben eigenverantwortlich einem Zusammenstoß zu vermeiden.
Hinzu kommt, dass ein blinder Mensch nicht einschätzen kann, ob er für Autofahrer sichtbar ist oder nicht. Wenn er kein herankommendes Fahrzeug hört, tritt er völlig unerwartet hinter einem parkenden LKW oder anderen sichtbehindernden Objekt hervor auf die Straße und kann vom Fahrer nicht rechtzeitig gesehen werden.
Der Lenker kann deshalb niemals vorher wissen, ob er das AVAS brauchen wird oder nicht.
Er trägt somit selbst auch ein wesentlich höheres Unfallrisiko.

3. Das AVAS wird nur bis zu einer Geschwindigkeit von 20km/h aktiv sein. Ab 21 kmh wird es kein Warngeräusch geben.
Das ist viel zu wenig!
Bei so niedrigen Geschwindigkeiten reicht das Rollgeräusch der Reifen bei weitem nicht aus um ein Fahrzeug im Verkehrslärm hören zu können.
Je schneller ein Fahrzeug fährt, umso gefährlicher ist es. Deshalb muss das Warngeräusch auch bei höheren Geschwindigkeiten hörbar sein!
Völlig unvorstellbar wäre es, dass ein Auto nachts nur bis 20km/h mit Licht fahren müsste.
Sollte nicht gleiches Recht und gleiche Sicherheit für alle gelten, gleichgültig ob sehend, sehbehindert oder blind?

Diese EU Verordnung ist bereits beschlossen und daher rechtswirksam. Da es sich um eine Verordnung und nicht um eine Richtlinie handelt, gilt sie wörtlich und hat Gesetzesrang. Österreich hat, genau wie alle anderen EU Staaten, keinen Spielraum andere Kriterien für die Zulassung von Kraftfahrzeugen zu erlassen.
Die einzige Möglichkeit, diese EU Verordnung zu kippen, stellt der Weg zum europäischen Gerichtshof für Menschenrechte oder zum europäischen Gerichtshof dar.
Für uns blinde und hochgradig sehbehinderte Menschen geht es um unser Überleben und um die Möglichkeit weiterhin auf die Straße gehen zu können.
Es wäre notwendig, dass sich die europäischen Blindenorganisationen zusammentun und finanzielle Mittel bereitstellen um spezialisierte Anwälte zu beauftragen, die sich für unsere Sicherheit einsetzen.

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